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Hessischer Landtag Petition zur Ausübung des Klettersportes im Naturschutzgebiet
"Sandsteinbrüche am Burzelberg bei Frau Nauses" (Klettergebiet "Silberwald"). Sehr geehrte Damen und Herren, ich stelle hiermit an den Petitionsauschuß des Hessischen Landtages folgenden Antrag: Die Einschränkungen des Kletterns im Klettergebiet "Silberwald" - Teil des
Naturschutzgebietes "Sandsteinbrüche am Burzelberg bei Frau Nauses" - zur
Sicherung einer ungestörten Wanderfalkenbrut und -aufzucht, werden in Zukunft
folgendermaßen geregelt (siehe Abb.):
Die betreffende Verordnung des Naturschutzgebietes "Sandsteinbrüche am Burzelberg bei Frau Nauses" vom 14.12.1994 ist in diesem Sinne zu ändern. Schematische Darstellung der beantragten Sperrungsregelung für das Naturschutzgebiet "Steinbrüche am Burzelberg bei Frau Nauses". (Karte maßstäblich!) Begründung: Da der allgemeine Sachverhalt dem Petitionsausschuß durch die o. a. Petitionen bereits bekannt ist, beschränke ich mich an dieser Stelle auf die wesentlichen naturschutzfachlichen Aspekte und neueste Erkenntnisse im Umfeld des Themas "Klettersport und Wanderfalkenschutz". Wie Sie wissen, wurde das Klettergebiet "Silberwald" 1994 weiträumig
als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Ziel der Unterschutzstellung war und
ist die Ermöglichung der Ansiedelung von Wanderfalken in diesem Sekundärbiotop.
In der Naturschutzgebietsverordnung wurde zur Sicherstellung dieses Schutzzieles
das bekannte Kletterverbot ausgesprochen. Dieser Umstand wird ferner indiziert durch die Tatsache, daß die räumliche Ausdehnung der genannten Sperrbereiche in keiner Weise an irgendwelchen nachvollziehbaren naturschutzfachlichen Überlegungen festgemacht wurde. Vielmehr war der alleinig ausschlaggebende Aspekt ganz augenscheinlich die Lage einer Grundstücksgrenze innerhalb des Naturschutzgebietes. Da niemand allen Ernstes behaupten wird, die Lage dieser Grundstücksgrenze sei unter Gesichtspunkten des Wanderfalkenschutzes so und nicht anders gewählt worden, kann eben auch keine Rede davon sein, daß die Abgrenzung der aktuell geltenden Sperrbereiche irgendeinen fachlichen Hintergrund hätte. Der Versuch von Herrn Mecke von der ONB in einem Schreiben an die Kletterverbände vom 16.02.1998, das Ergebnis des Zurückschreckens vor Schadensersatzansprüchen nun im nachhinein als das Ergebnis einer auch nur ansatzweise erfolgten Berücksichtigung fachlicher Belange umzudeuten, mutet aufgrund dieser Umstände und der Vorgeschichte dieses Kletterverbotes geradezu grotesk an. Die wesentlichen Aspekte, die bei der Ausweisung von Kletterverboten an Wanderfalken- und Uhubrutfelsen zu beachten sind und die im Falle des Kletterverbotes im Naturschutzgebiet "Sandsteinbrüche am Burzelberg bei Frau Nauses" sträflich vernachlässigt wurden, werden durch die folgenden zwei Fragen umrissen:
Zu 1.: Wie unzählige Beispiele aus den Klettergebieten der Südpfalz, des Schwarzwaldes,
der Schwäbischen Alb, der Frankischen Schweiz, des Nationalparks Sächsische Schweiz,
des Erzgebirges, des Zittauer Gebirges und des Harzes zeigen, sind temporäre Kletterverbote
innerhalb der Zeit der Horstsuche und später in der Brut- und Aufzuchtzeit zum Schutz
von Wanderfalken und Uhus völlig ausreichend. Der verschiedentlich erhobene und zuletzt von Herrn Mecke angeführte Einwand, die Situation im Odenwald sei nicht mit derjenigen im Pfälzer Wald vergleichbar, darf angesichts der breit gefächerten Erfahrungen auf diesem Gebiet als absurd erachtet werden. Gerade auch das aktuelle Verhalten der Wanderfalken an den Kletterfelsen der Südpfalz ist ein Beweis dafür, daß Kletterer von Wanderfalken nur in den seltensten Fällen als Störung empfunden werden (s. u.). Insofern geht von einem Klettern außerhalb der Brutzeit keine Gefährdung aus. Gegenteilige Behauptungen, die dieser Realität widersprechen, gewinnen auch durch ständige Wiederholung nicht an Wahrheitsgehalt. Der konstruierte Einwand, die Wanderfalken hätten im Odenwald keine Möglichkeit einen anderen Brutplatz zu finden geht damit vollends ins Leere. Die Tatsache, daß Kletterer für Wanderfalken offensichtlich nur ein sehr geringes Störungspotential bilden, wird immer wieder an dem Verhalten der Falkenpaare im Klettergebiet Südpfalz deutlich. Dort gibt es zahlreiche Felsen, die als traditionelle Brutplätze von Falken und Uhus seit langem bekannt sind. Dies sind im einzelnen:
Für alle diese Felsen gilt ein zeitlich befristetes Kletterverbot vom 1.2.
bis maximal 1.8. eines jeden Jahres mit der Option die Felsen sofort zum
Klettern freizugeben, wenn der jeweilige Brutplatz nicht besetzt wird. Da
die Falken in der Wahl ihres Brutplatzes extrem flexibel sind, kommt es in der
Südpfalz häufig vor, daß Wanderfalkenpaare ihren angestammten und ab 1.2. per
Kletterverbot ruhiggestellten Brutplatz für eine oder mehrere Brutsaisons
verlassen und an einem Felsen brüten, der bisher nicht als Brutfelsen genutzt
wurde. Daß an diesen Felsen zuvor in vollem Umfang ganzjährig geklettert
werden darf, stört die Falken dabei offensichtlich nicht im geringsten. Nach dem immer wieder von Falkenfreunden verbreiteten Bild des extrem sensiblen Felsbrüters Wanderfalke dürfte ein solches Verhalten, bei dem der gesicherte, in der Brutzeit ruhiggestellte und letztendlich auch noch bewachte Brutplatz zugunsten eines zuvor noch nie ruhiggestellten Brutplatzes aufgegeben wird, überhaupt nicht stattfinden. In den Augen so manches Falkenfreundes muß diese Flexibilität der Wanderfalken als geradezu abartig aussehen. Natürlicherweise müssen sich aber nicht die Wanderfalken dem Bild anpassen, das sich der Mensch von ihnen macht, sondern der Mensch muß sein Bild vom Wanderfalken den beobachteten Realitäten anpassen. Als Beispiel, daß eine zeitlich befristete und flexible Regelung auch in Hessen
möglich ist und auch von den privaten Naturschutzverbänden, insbesondere der
Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (im folgenden HGON)
mitgetragen wird, ist hier die neue, ab sofort geltende Sperrungsregelung an der
Lorsbacher Wand im Main-Taunus-Kreis zu nennen. Für diesen ehemaligen Steinbruch,
der Teil des Naturdenkmales "Walterstein" ist und als potentieller, wenn auch
suboptimaler Brutplatz des Wanderfalken gilt, wurde im Mai dieses Jahres ein
temporäres Kletterverbot vom 1.12. bis 31.3. festgelegt, mit der Option einer
Verlängerung bis zum 30.6. im Falle einer Falkenansiedelung. Zu 2.: Das Klettern an Wanderfalken- bzw. Uhubrutfelsen innerhalb der Brutzeit
galt lange Zeit als Tabu und Forderungen in diese Richtung gewissermaßen als
Naturschutz-Blasphemie. Die Erfahrungen an einzelnen Falkenfelsen, wie z. B.
in den Klettergebieten Südpfalz und Fränkischer Schweiz aus den letzten Jahren
zeigen jedoch, daß diese Möglichkeit nicht von vornherein ausgeschlossen werden
darf. Allerdings bedarf es unzweifelhaft zweier voneinander unabhängiger Merkmale,
um ein Klettern während des Brutgeschäftes störungsfrei gestalten zu können: Folglich kann an einem Brutfelsen auch dann störungsfrei geklettert werden, wenn der Wanderfalke die Kletterer von seinem Horst aus nicht sehen kann oder sich diese außerhalb seiner Fluchtdistanz befinden. Als konkrete Beispiele, für eine solche Regelung seien genannt der Röthelfels bei Wannbach in der Fränkischen Schweiz sowie der Asselstein bei Annweiler am Trifels in der Pfalz. Der Röthelfels in der Fränkischen Schweiz ist ein nach Süden ausgerichtetes langgestrecktes Felsmassiv mit einer Gesamtausdehnung von ca. 400m. An diesem Massiv brüten regelmäßig Wanderfalken und zwar im äußerst linken (westlichen) Teil. Das Kletterverbot zur Sicherstellung einer ungestörten Brut in der Zeit vom 1.2. bis 30.6. erstreckt sich demnach allein auf den unmittelbaren Horstbereich und die sich dort befindenden drei Kletterrouten. Der gesamte Rest des Röthelfelsens mit den dortigen rund einhundert Kletterwegen und Varianten darf dagegen auch im Frühjahr uneingeschränkt beklettert werden. Im Gegensatz zum Röthelfels handelt es sich beim Asselstein oberhalb von Annweiler
um einen freistehenden Felsturm, der allseitig beklettert wird. An diesem beeindruckenden
Felsschild mit ca. 60m Höhe, durfte unter der Beobachtung von Vogelschützern in den
vergangenen Jahren auch im Frühjahr in der Süd- West- und Ostwand unter geringfügigen
Einschränkungen (Betretungsverbot für den Gipfel) geklettert werden, während gleichzeitig
in der gesperrten Nordwand Wanderfalken erfolgreich ihre Jungen großzogen, ohne
sich von den benachbarten Zweibeinern stören zu lassen. Die genannten Merkmale von Ausdehnung und eingeschränkter Sichtverhältnisse treffen auch für das Klettergebiet "Silberwald" im Naturschutzgebiet "Sandsteinbrüche am Burzelberg bei Frau Nauses" zu. Abb. 1 zeigt die Verhältnisse innerhalb des Steinbruchs. Beklettert werden die Sektoren I bis III (in der Karte dunkelgrau und schwarz dargestellt). Nicht beklettert werden alle anderen Bereiche (in der Karte hellgrau dargestellt). Der Wanderfalkenhorst befindet sich auf einem künstlich verbreiterten Felsband im oberen Teil des Sektors IIIb. Wie anhand der Karte ersichtlich ist, ist ab der rechtwinkligen Kante, die die Sektoren IIa und IIb trennt, kein Sichtkontakt mehr vom Horst in die von dort aus gesehen rechts (westlich) liegenden Wandbereiche gegeben. Ferner ist ersichtlich, daß diese Kante nicht identisch ist, mit dem Verlauf der Grundstücksgrenze zwischen dem Teil des Steinbruches, der im Besitz des Vereins der Odenwälder Kletterfreunde e. V. ist und dem landeseigenen Teil. Darüber hinaus ist für eine sachgerechte Beurteilung der Situation vor Ort noch von Bedeutung, daß erstens zwischen den Sektoren IIb und IIc ebenso wie zwischen den Sektoren Ib und IIa jeweils ein die Sicht zusätzlich behindernder Erdwall als Relikt der Abbautätigkeit existiert. Zweitens, daß die Sektoren Ia bis IIb vollständig von hohen Bäumen überragt werden, währendessen die Sektoren IIIa und IIIb auf staatlichem Grund freigestellt wurden, um dem Wanderfalken eine Einflugmöglichkeit zu bieten. Gleicht man die Verhältnisse in diesem Steinbruch ab mit den vorliegenden Erkenntnissen über das Verhalten von Wanderfalken an Kletterfelsen, so führt dies unzweideutig zu dem hiermit beantragten Sperrungskonzept:
Abschließend sei noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, daß kein Kletterer,
auch ich nicht, irgend etwas gegen den Schutz von Wanderfalken und der Sicherung von
ungestörten Bruten einzuwenden hat! Ich wehre mich allerdings dagegen, daß der Schutz
felsbrütender Vögel als vordergründiger Anlaß mißbraucht wird, um diesen traditionsreichen
und schonenden Natursport in Deutschland systematisch und flächendeckend zu eliminieren.
Die Ausweisung von Kletterverboten zum Schutz felsbrütender Vögel hat sich an den
konkreten Erfahrungen und Beobachtungen in anderen Klettergebieten zu orientieren und
nicht an den Behauptungen einiger Falken- oder Uhufreunde, die nicht bereit sind
über die Grenzen ihres eigenen lokalen Wirkungsbereiches hinauszuschauen. Christoph Deinet |
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